Nach Abrechnungsverbot für Mobile Ärzte: Luzerner Seegemeinden spalten sich vom Notfallkreis Küssnacht ab

Die Bevölkerung von Weggis, Vitznau und Greppen muss neu in die Notfallpraxis des Luzerner Kantonsspitals statt wie bisher in diejenige des Schwyzer Kantonsspitals. Ausserdem gibt es eine neue Notfallnummer.

Wenn Weggiser, Vitznauerinnen oder Grepper ausserhalb der Öffnungszeiten ihrer Hausarztpraxis einen Unfall oder ein anderes gesundheitliches Problem haben, können sie sich beim hausärztlichen Notfalltelefon melden. Sei es eine Verbrennung, ein geprellter Fuss oder Anzeichen einer allergischen Reaktion – solange die Situation nicht lebensbedrohlich ist, ist der hausärztliche Notfalldienst zuständig.

Die Luzerner Seegemeinden organisieren diesen Notfalldienst nicht selbstständig, sondern sind beim Notfallkreis Küssnacht angegliedert. In einem Inserat in der lokalen «Wochenzeitung» haben die fünf Weggiser Ärztinnen und Ärzte nun bekanntgegeben, dass sie sich davon abspalten. Mit der Einleitung «Dies ist eine wichtige Mitteilung» schreiben sie:

«Die derzeitige Belastung mit Notfalldiensten beträgt bei einem 100-Prozent-Pensum über 40 Dienste pro Jahr! Der Küssnachter Dienstkreis sucht zusammen mit dem Dienstkreis Schwyz nach Lösungen, welche die Gemeinden Weggis, Vitznau und Greppen laut Vorabklärungen nicht miteinschliessen.»

Und weiter:

«Wir Ärztinnen und Ärzte von den Seegemeinden mussten handeln und werden ab dem 1. Januar 2023 in Luzern am Kantonsspital Luzern in der Notfallpraxis die Dienste absolvieren.»

Der Grund für die Suche nach Lösungen des Küssnachter Dienstkreises liegt in einer Gesetzesänderung. Da es im gesamten Bezirk nur wenige Ärztinnen und Ärzte hat, wurde der ärztliche Notfalldienst teilweise ausgelagert. Bis im vergangenen Sommer hat die Mobile Ärzte AG bei diesem Dienst mitgewirkt. Wegen eines faktischen Berufsverbots für ausländische Ärztinnen und Ärzte mit wenig Berufserfahrung in der Schweiz musste das Unternehmen die Zusammenarbeit aber kündigen.

Eine schnelle Alternative musste her. Die Permanence Luzern ist eingesprungen, und die Hausärztinnen und Hausärzte im Notfallbezirk haben sogenannte Hintergrunddienste übernommen. Eine Zwischenlösung, die wegen der Zusatzbelastung für die lokalen Ärztinnen und Ärzte für Kritik sorgte. Aber immerhin war die Grundversorgung sichergestellt.

Entscheid wurde unter Zeitdruck gefällt

Die Zukunft war aber unsicher. Im Raum stand die Option, mittelfristig die drei Innerschwyzer Notfallbezirke zusammenzuführen – hier hätten die Luzerner Seegemeinden nicht mehr mitmachen können. «Die Wege wären schlicht zu weit gewesen», erklärt Thomas Schade, Küssnachter Bezirksarzt.

Das Damoklesschwert des Ausschlusses hing somit während Monaten über den Ärztinnen und Ärzten der Luzerner Seegemeinden. Sie waren vom weiteren Vorgehen des Notfallkreises Küssnacht abhängig. Im September haben sie schliesslich von sich aus entschieden, den Notfallkreis Küssnacht zu verlassen. Sie konnten nicht länger auf den Entscheid der Schwyzer warten, weil das Anmeldefenster für den Notfalldienst am Luzerner Kantonsspital Ende September schliesst. Nirgends Notfalldienst zu leisten, ist gesetzlich nicht erlaubt.

Die Abspaltung vom Küssnachter Dienstkreis ist laut Doreen Hug, Hausärztin in der Praxis Weggishof in Weggis, eine gute Lösung für die Hausärztinnen und Hausärzte: «Sie müssen jetzt viel weniger Dienste leisten.»

Für die Bevölkerung der Seegemeinden ändern sich dadurch zwei Dinge. Zum einen wählen sie im Fall eines Notfalls, der nicht lebensbedrohlich ist, ab dem 1. Januar folgende Telefonnummer: 0900 11 14 14. Ausserdem müssen sie nicht mehr zum Schwyzer Kantonsspital, sondern zum Luzerner Kantonsspital, um die ärztliche Notfallpraxis aufzusuchen. «Die zusätzlichen 15 Minuten Fahrzeit könnten dazu führen, dass die Leute zweimal überlegen, ob ein Arztbesuch am Wochenende wirklich nötig ist», sagt Hug. Gesundheitlich sei dies nicht bedenklich, «es könnte sogar die Notfallstationen etwas entlasten». Im Fall eines lebensbedrohlichen Notfalls können sie weiterhin ins Schwyzer Kantonsspital.

Bessere Kommunikation hätte Abspaltung wohl verhindern können

Dass es zur Abspaltung kam, bezeichnet Thomas Schade als «unglücklich». Denn nur zwei Wochen nach dem Entscheid der Ärztinnen und Ärzte der Seegemeinden wurde beschlossen, die Schwyzer Notfallkreise nicht zusammenzuführen und stattdessen mit Hilfe von Medgate das hausärztliche Notfalltelefon abzudecken und weiterhin mit Hintergrunddiensten der lokalen Ärztinnen und Ärzte zu arbeiten. Einer weiteren Zusammenarbeit zwischen Seegemeinden und Notfallkreis Küssnacht wäre also nichts im Wege gestanden.

«Wir wussten von der zeitlichen Pression der Kollegen gar nichts», betont Schade. «Wir sind traurig darüber, dass die Gemeinden sich nach 40 Jahren vom Notfallbezirk abspalten. Ich kann es aber verstehen. Die Unsicherheit war sehr gross.»

Der Entscheid der Weggiser Ärzte sei nicht für alle Ewigkeit, erklärt Doreen Hug: «Wenn es nächstes Jahr wieder eine bessere Lösung gibt, sind wir offen, wieder zurückzugehen.» Bis dann könnte sich auch an der gesetzlichen Lage wieder etwas ändern. Auf Bundesebene laufen Bestrebungen, das Abrechnungsverbot für ausländische Ärzte zu lockern, um die Grundversorgung sicherzustellen.

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