«Den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen, das könnte ich nicht» – und doch kommt die Inwiler Make-Up-Artistin noch nicht ganz davon los

Linda Schumacher (22) beherrscht die Kunst des Make-ups wie keine andere in der Schweiz. Das hat sie kürzlich an der Schweizer Meisterschaft bewiesen. Zum Beruf der Visagistin fand sie über einen Umweg.

Linda Schumacher (22) schminkt die Autorin Jessica Bamford. Bild: Eveline Beerkircher (Inwil, 11. März 2017)

21 Pinsel braucht Linda Schumacher im Schnitt, um ein professionelles Make-up zu erstellen. Eine beeindruckende Palette der insgesamt 44 Pinsel in ihrem schwarzen Set. «Am Anfang verstand ich nur Bahnhof, als ich all diese Pinsel sah», sagt Schumacher.

Wer nun bei ihr am Schminktisch Platz nimmt, merkt: Mittlerweile beherrscht die 22-Jährige die nötigen Handgriffe aus dem Effeff. Der passende Farbton der Lidschattenpalette ist rasch gefunden, wird flink auf der linken Hand gemischt. «Ich finde es langweilig, die Grundfarben der Palette zu benutzen. Durch das Mischen kann ich die perfekte Farbe für jedes Gesicht finden», sagt Schumacher. Mit schnellen, kleinen Bewegungen fährt der Pinsel über die Haut. Es kitzelt.

Beim Schminken blendet sie alles aus

Dass sie für das passende Make-up ein gutes Auge hat, bestätigte die Jury kürzlich am Schweizer-Meister-Wettbewerb (Ausgabe vom 8. März). Dort hat sie auf einer Live-Bühne mit dem vorgegebenen Thema «Hochzeits-Make-up» überzeugt und den ersten Platz erreicht. Was sie besonders stolz macht: Alle fünf Mitstreiter hatten ihre Ausbildung bereits abgeschlossen, während sie erst im Juli fertig wird. «An diesem Tag hat einfach alles gepasst. Ich habe sogar die Startnummer bekommen, die ich mir gewünscht hatte», erinnert sich Linda Schumacher. Nicht zuletzt durfte sie auf ein tolles Team und ihre gute Freundin Fabienne Rust zählen, die Modell stand. Die vielen Zuschauer störten sie dabei überhaupt nicht: «Wenn ich schminke, vergesse ich alles um mich herum. Dann bin ich in meiner eigenen Welt.»

Schumachers Ziel: Ein eigenes Studio

Der Titel ist für sie eine Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Er bedeute viel für ihre Laufbahn. «Es gibt sehr viele Visagisten, der Wettbewerb ist gross. Der Titel wird mir helfen, mich von den anderen abzuheben», sagt sie. Ihr Ziel ist es, dereinst vom Schminken leben zu können. Samt eigenem Studio. Das wird aber noch lange nicht möglich sein. «Zuerst muss ich Erfahrungen sammeln und Kundschaft aufbauen.» Zurzeit arbeitet sie daher noch als kaufmännische Angestellte. Aufträge von Fotografen oder Privatpersonen führt sie in ihrer Freizeit aus.

Den Traum, Visagistin zu werden, hegt die aufgestellte, junge Frau schon lange. «Ästhetik war für mich schon immer wichtig», sagt Linda Schumacher. Sie habe schon als Kind gerne gemalt. Mit 15 besuchte sie mit einer Freundin einen professionellen Make-up-Laden. «Die Verkäuferin zeigte uns, wie die Produkte verwendet werden. Ich hatte damals schon Spass dabei und konnte es bereits erstaunlich gut.» Dennoch entschied sie sich zuerst für eine KV-Lehre. Zum einen, weil es sehr schwierig ist, vom Schminken allein zu leben. Zum anderen, um sich die Ausbildung zu finanzieren.

Allein das Pinselset, das Teil der Ausbildungskosten ist, hat einen Wert von 700 Franken. Schminkutensilien sind generell eine kostspielige Angelegenheit. Eine Lidschattenpalette beläuft sich schnell auf 200 Franken. Sparen komme hier nicht in Frage: «Ohne hochwertiges Material kann ich nicht arbeiten.»

Glamouröses Make-up ist Lieblingsstil

Die berufsbegleitende Ausbildung zur Visagistin, die Linda Schumacher zurzeit absolviert, dauert eineinhalb Jahre. «Hinter dem Schminken steckt viel Theorie: Farblehre, Pinselführung, Bühnen- und Fantasieschminken und noch vieles mehr», sagt sie. Vermittelt würden auch die Grundsätze des Haarstylings. «Heutzutage ist es sehr gefragt, das Gesamtpaket anzubieten.» In diesem Sinne werden auch verschiedene Make-up-Stile gelehrt. Beispielsweise für die Hochzeit, den Alltag, die Bühne oder die professionelle Kamera.

Schumacher liebt es, dass so viele verschiedene Facetten zu ihrem künftigen Beruf gehören. «Ich brauche diese Abwechslung. Den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen, das könnte ich nicht.» Was die Schminkkunst angeht, hat sie übrigens einen klaren Favoriten: das sogenannte glamouröse Make-up. «Hier kann ich aus dem Vollen schöpfen, und am Schluss sieht es am ästhetischsten aus», sagt sie.

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